Was ist philosophische Ästhetik? #1 Grundlagen

Das ist die Kernfrage, mit der sich diese Videoreihe auseinandersetzt und ich möchte jetzt in diesem ersten Video erst mal einige Grundlagen besprechen. 

Was ist philosophische Ästhetik? #1 Grundlagen

Wir werden in diesem Video den Gegenstand der philosophischen Ästhetik besprechen und uns dann den Fragen der philosophischen Ästhetik widmen und abschließend darüber sprechen, mit welchen Methoden die philosophische Ästhetik Erkenntnisse schaffen kann.

Was ist Ästhetik und was ist damit gemeint? Hier sind bekannte Definitionen aufgelistet und wir werden sie alle nacheinander erläutern und besprechen.

Ästhetik ist die Theorie der Kunst

Ästhetik ist die Theorie des Schönen

Ästhetik ist die Theorie der Sinnlichen Erkenntnis.

In Bezug auf die erste Definition kann man feststellen, dass die Theorie der Kunst zwar ein sehr wichtiger Teilbereich für die Ästhetik ist. Aber über die Theorie der Kunst ist nicht die gesamte Bandbreite der Ästhetik abgedeckt. Wenn man die ästhetische Erfahrung betrachtet, kann man erkennen, dass sie auch in alltäglichen Erlebnissen vorkommen kann. Beispielsweise kann man eine ästhetische Erfahrung machen, wenn man die Natur betrachtet, etwa bei einem Sonnenuntergang oder einem anderen schönen Naturschauspiel. Diese ästhetische Erfahrung gehört dann nicht mehr zur Kunsttheorie, da sie sich auf die Natur bezieht. Natürlich kann man festhalten, dass viele ästhetische Erfahrungen mit Kunstobjekten verbunden sind, aber wie bereits erwähnt, sind solche Erfahrungen auch mit anderen, alltäglichen Objekten möglich. Zunächst können wir festhalten, dass Ästhetik auch die Theorie der ästhetischen Erfahrung umfasst. Die ästhetische Erfahrung ist ein wesentlicher Aspekt der Ästhetik.

Widmen wir uns der zweiten Definition: Ästhetik ist die Theorie des Schönen. Auch diese Definition deckt nicht den gesamten Bereich der Ästhetik ab. Zum Beispiel gibt es Themen in der Kunsttheorie, die nicht der Theorie des Schönen entsprechen, aber dennoch in den Bereich der Ästhetik fallen. Zum Beispiel die Frage nach der Authentizität, der Echtheit und der Fälschung eines Werkes: Ab wann gilt ein Werk als Fälschung und wann ist es das Original? Diese Fragen gehören ebenfalls zur Ästhetik, fallen jedoch nicht in den Bereich der Theorie des Schönen. Deswegen ist die Theorie des Schönen nur ein Teilbereich der Ästhetik. Ein weiteres Problem besteht darin, dass nicht alle Kunstwerke schön sein müssen. Dies hängt natürlich auch vom jeweiligen Kunstbegriff der aktuellen Zeit ab. Heutzutage haben wir einen Kunstbegriff, der auch Hässlichkeit mit einbezieht. Ein Kunstwerk darf hässlich sein und gilt dann trotzdem als Kunstwerk. Kunst muss nicht zwangsläufig schön sein. Zudem gibt es weitere Attribute, die ein Kunstwerk aufweisen kann. Zum Beispiel kann ein Kunstwerk anmutig poetisch oder inspirierend sein. Es kann ausdruckstark, laut oder leise sein. Attribute, die ein Kunstwerk aufweisen kann, und die ästhetischen Eigenschaften werden wir in einem späteren Video genauer betrachten. Zunächst können wir festhalten, dass Ästhetik auch die Theorie der ästhetischen Eigenschaften umfasst.

Ästhetik ist die Theorie der ästhetischen Erfahrung

Ästhetik ist die Theorie der ästhetischen Eigenschaften

Widmen wir uns der dritten Definition: Ästhetik ist die Theorie der sinnlichen Erkenntnis. Diese Definition ist besonders wichtig, da sie von Alexander Gottlieb Baumgarten stammt. Baumgarten gilt als Begründer der Ästhetik und schrieb 1750 ein Werk über Ästhetik. Obwohl es bereits vorher Ansätze für ästhetische Überlegungen gab, war Baumgarten der erste Philosoph, der eine umfassende ästhetische Theorie entwickelte. In dieser Theorie legte er die Definition der Ästhetik als Theorie der sinnlichen Erkenntnis fest. Nun wollen wir uns den Vor- und Nachteilen dieser Theorie widmen. Baumgarten hatte recht, dass ästhetische Erfahrung ohne sinnliche Wahrnehmung nicht möglich ist. Allerdings ist nicht jedes Wahrnehmungserlebnis auch ein ästhetisches Erlebnis. Wie kann man ein alltägliches Wahrnehmungserlebnis von einem ästhetischen Erlebnis unterscheiden? Beides ist nicht deckungsgleich. Es ist auch nicht immer der Fall, dass jedes ästhetische Erlebnis ein Wahrnehmungserlebnis ist. Ein gutes Beispiel hierfür ist Literatur: Während die sinnliche Wahrnehmung wichtig ist, um die einzelnen Buchstaben zu lesen, findet der ästhetische Genuss in der Vorstellungswelt statt und nicht ausschließlich in der unmittelbaren Wahrnehmung selbst. Genau darüber muss man bei Literatur nachdenke. Was macht einen Gegenstand zu einem ästhetischen Gegenstand?

Ästhetik ist die Theorie der ästhetischen Gegenstände.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass unsere drei ursprünglichen Definitionen nicht vollständig zutreffen. Dennoch konnten wir aus der Diskussion dieser Definitionen Erkenntnisse gewinnen, die wir wie folgt zusammenfassen können:

Ästhetik ist eine Theorie der ästhetischen Erfahrung, der ästhetischen Eigenschaften und der ästhetischen Gegenstände.

Gegenstand der Ästhetik

In diesem einführenden Video möchte ich mich den Fragen der Ästhetik widmen. Welche Fragen kann die philosophische Ästhetik beantworten? Grob kann man diese Kategorien etwa wie folgt unterteilen: Man kann innerhalb der philosophischen Ästhetik nach der Existenz ästhetischer Eigenschaften fragen. Existieren ästhetische Eigenschaften und wie lassen sie sich von nicht-ästhetischen Eigenschaften unterscheiden? Gibt es Eigenschaften, die als echte ästhetische Merkmale gelten können, und wie kann man diese klar abgrenzen? Zudem stellt sich die Frage nach der Vielfalt der ästhetischen Eigenschaften. Wie sind ästhetische Eigenschaften miteinander verbunden? Diese Fragen erkunden die Existenz ästhetischer Merkmale. Eine weitere zentrale Frage betrifft die Gültigkeit ästhetischer Urteile.

Ästhetisches Urteil: x ist schön

Das ist ein Beispiel, wie man ein ästhetisches Werturteil anhand eines Wertprädikats fällen kann. Wie kann man ein ästhetisches Werturteil interpretieren und bewerten? Gibt es innerhalb der Ästhetik echte Werturteile? Oder sind sie vielmehr ein subjektiver oder emotionaler Ausdruck? Kann so ein ästhetisches Urteil überhaupt wahr oder falsch sein? Das sind alles Fragen, die nach der Gültigkeit von ästhetischen Urteilen fragen.

Eine weitere bedeutende Fragestellung betrifft die Natur und das Wesen ästhetischer Gegenstände. Wann ist etwas ein Kunstwerk? Die Frage nach der Natur ästhetischer Gegenstände, nach den Wesen ästhetischer Gegenstände. Ab wann besitzt ein Gegenstand überhaupt ästhetische Eigenschaften? Machen die materiellen Eigenschaften eines Gegenstandes diesen zu einem Kunstgegenstand? Oder ist es eher die Bedeutung, die wir ihm in unserem Bewusstsein beimessen?

Abschließend kann man auch die Natur und das Wesen ästhetischer Erfahrungen untersuchen.

Welche Merkmale unterscheiden ästhetische von nicht-ästhetischen Erlebnissen? Existiert eine spezielle ästhetische Einstellung oder Haltung gegenüber Objekten? Diese Fragen können innerhalb der philosophischen Ästhetik untersucht und diskutiert werden.

Methoden der Ästhetik

Nun richten wir unser Augenmerk auf die Methoden der philosophischen Ästhetik. Noch einmal zur Disziplin der philosophischen Ästhetik: Sie ist allgemein formuliert und nicht empirisch ausgerichtet. Was bedeutet das genau?

Disziplin der philosophischen Ästhetik

Unter dem Begriff des Allgemeinen versteht man in der philosophischen Ästhetik, dass sie über Kunst und Ästhetik im Allgemeinen sprechen möchte. Dabei steht nicht ein spezifisches einzelnes Werk, eine Kunstgattung oder ein Genre im Fokus, sondern es wird versucht, Erkenntnisse zu gewinnen, die für alle Genres und Kunstformen gelten können. Da lässt sich klar unterscheiden zwischen Philosophie und Kunstkritik. In der philosophischen Ästhetik geht es nicht darum, wertende Urteile zu fällen, sondern vielmehr darum, die Natur solcher Werturteile zu untersuchen. Man möchte grundlegend verstehen, was es bedeutet, ein solches Werturteil zu treffen, ohne selbst ein Kunstwerk zu sein oder sich mit individuellen Kunstwerken zu befassen. In diesem Kontext spricht man auch von Meta-Ästhetik. Insofern betrachtet die philosophische Ästhetik die spezielle Ästhetik als ihren Gegenstand. Sie reflektiert über die Kunstwissenschaft sowie über die Kunstkritik und deren methodische Vorgehensweisen zur Erkenntnisgewinnung.

Vor allem geht es aber in der philosophischen Ästhetik zu allgemeinen Erkenntnisse zu kommen, die für alle Kunstwerke und für alle Kunstgattungen und für alle Genre gelten.

Zusätzlich dazu ist die philosophische Ästhetik nicht empirisch. Im Gegensatz dazu gibt es die empirische Ästhetik, die sich auf Psychologie oder Soziologie stützt. Es ist wichtig, zwischen diesen beiden Ansätzen der Ästhetik zu unterscheiden. Die empirische Wissenschaft basiert immer auf Beobachtung und Experimenten. Diese Methoden werden von der psychologischen oder soziologischen Ästhetik genutzt. Die philosophische Ästhetik hingegen kann nicht auf diese Mittel zurückgreifen und gewinnt ihre Erkenntnisse auf andere Weise.

Begriffsanalyse

Es handelt sich hierbei nicht um eine empirische Wissenschaft. Die gängige Methode, wie die Philosophie und insbesondere die philosophische Ästhetik zu Erkenntnissen gelangen, ist die Begriffsanalyse. Bei der Begriffsanalyse werden die Bestandteile eines Begriffs auseinandergenommen und untersucht. Man analysiert dabei auch die Bedeutung der Begriffe, beispielsweise durch Definitionen, Explikationen oder erklärende Definitionen. Dabei müssen Abwägungsprozesse zwischen konkurrierenden Definitionen durchgeführt werden.

Explikationen

Explikationen sind Definitionen, die weder als falsch noch als wahr betrachtet werden können, sondern eher als mehr oder weniger adäquat eingestuft werden können. Die Beurteilung der Adäquatheit einer Explikation hängt dabei sowohl vom vorherigen theoretischen Rahmen als auch von der Intuition ab.

Definition

Eine Definition gilt als adäquat, wenn sie intuitiv plausibel ist. Dies mag zwar etwas vage klingen, ist jedoch typisch für die Philosophie. Es erfordert, damit umgehen zu können, dies einzukalkulieren und zu berücksichtigen. Schlussendlich gibt es immer Abwägungsprozesse zwischen verschiedenen Definitionen. Daher sollten philosophische Definitionen nicht als feststehende Behauptungen interpretiert werden, sondern eher als Vorschläge, die entsprechend behandelt werden sollten.

Vielleicht geht es weniger darum, feststehendes Wissen zu etablieren, sondern vielmehr darum, das Wesen der Dinge besser zu erhellen und zu verstehen. Auf diese Weise kann man der Wahrheit ein Stück näherkommen, auch wenn dies wahrscheinlich nur auf eine adäquate Weise möglich ist.

Literatur:

Reicher, Maria E.: Einführung in Die Philosophische Ästhetik. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2005.

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